RTL II Doku will gegen Spielsucht helfen
Dass Spielsucht ein wachsendes Problem ist, daraus wird längst kein Geheimnis mehr gemacht. Menschen aller Altersklassen und Schichten verfallen dem Glücksspiel. Kritiker und die Politik schieben die Schuld den Online Casinos in die Schuhe, doch wie jüngste Fälle zeigen, sind auch Spielhallen nicht ganz unschuldig an der Situation. Betreiber greifen oftmals viel zu spät ein – wenn überhaupt. Demnach fühlen sich die Spielsüchtigen frei, ihrem Drang nachzugeben und dabei mitunter horrende Schulden anzuhäufen. Weitere Folgen sind die Abgrenzung von der Familie, die Aufgabe des Jobs und teilweise sogar Kriminalität. Dem will nun ausgerechnet der TV Sender RTL II ein Ende setzen. Die neue Doku soll angeblich Menschen in Krisen zeigen, darunter eben viele Spielsüchtige. Gemeinsam wird alles daran gesetzt, den Betroffenen aus der Krise heraus zu helfen. Doch was steckt wirklich hinter dem neu angedachten TV Format?
Kann ein Fernsehsender wirklich etwas gegen Spielsucht unternehmen? Handelt es sich bei der Doku nur um „Müll“ und leere Worte, oder erhalten die Teilnehmer der Sendung echte Hilfe? Noch ist die Doku nicht angelaufen. Ziel von RTL II ist allerdings, mehr zu tun als Spielsüchtige einfach nur zur Schau zu stellen. Gemeinsam mit Experten sollen Wege raus aus der Spielsucht erarbeitet werden. Erst einmal klingt die Idee also durchaus plausibel.
Spielsucht kein Tabu-Thema mehr
Die deutsche Punkrockband Die Ärzte hatte schon vor geraumer Zeit einen Song herausgebracht, der die Problematik thematisiert. In dem Lied „Nie wieder Krieg, nie mehr Las Vegas“ heißt es unter anderem: „Nie wieder Hütchenspiel, nie wieder in die Spielothek“. Tatsächlich ist der Text ein festes Ziel derer, die in der neuen RTL II Doku ihr Leben öffentlich machen. Man will Spielsucht nicht länger tabuisieren, und zumindest sollte sich zeigen, wo die Gefahren der Sucht tatsächlich lauern. Dass Online Casinos allenfalls einer von vielen Bereichen sind, in denen Spielsucht entstehen kann, zeigt sich schnell. Bereits am morgigen Donnerstag wird RTL II die Pilotfolge ausstrahlen, die den Titel „Ich hör auf … und fang neu an“ trägt. Im Porträt steht dann Sebastian, ein 32 Jahre alter Mann, der eigentlich noch sein gesamtes Leben vor sich hat. Seine Spielsucht macht ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung.
Psychologen, Coaches und weitere Experten haben sich vereint, um Menschen wie Sebastian in der Doku von RTL II zurück ins Leben zu helfen. Ob es ihnen wirklich gelingt, wird sich morgen Abend zeigen. Zum einen geht es darum, die Abwärtsspirale Glücksspielsucht endlich zu durchbrechen und aufzuhören mit dem, was Sebastian bisher nahezu täglich braucht wie Alkoholiker ihren Schnaps. Auf der anderen Seite stehen inzwischen rund 80.000 Euro Schulden, die der junge Mann in den vergangenen Jahren angehäuft hat. Ohne Job kämpft er sich durchs Leben und tut alles, um immer wieder Geld für seine Spielsucht aufzutreiben.
Raus aus den Lebenskrisen – mithilfe von RTL II?
Ob die versprochene Unterstützung Utopie oder echte Hilfe ist, gilt abzuwarten. Bisher ist nur bekannt, dass verschiedene Menschen in komplett eigenen Lebenskrisen auf ihrem Weg begleitet werden. Die Doku geht jeweils eine Stunde. Welche Maßnahmen wirklich sinnvoll sind und ob es auch der spielsüchtige Sebastian raus schafft, das wird sich zeigen. Problematisch sehen Kritiker die Tatsache, dass der Sender nicht gerade für Mitgefühl steht. Meist werden Menschen hier tatsächlich eher zur Schau gestellt, während sich das Publikum an den Mattscheiben köstlich über die Lebenslagen amüsiert. Bleibt zu hoffen, dass diesmal echte Hilfe im Vordergrund steht und das sich der Dreh für den jungen Mann genauso lohnt wie für die weiteren Menschen, die bei der Doku im Fokus stehen.
Fakt ist auch, dass der erste Schritt, sich von der Spielsucht zu befreien, darin besteht, öffentlich zu dem Problem zu stehen. Insoweit könnte sich das neue Format durchaus bezahlt machen, denn wer von außen beobachtet wird, der hält tatsächlich häufiger durch und schafft es mit Zuspruch raus aus der Lebenskrise. Die Experten nehmen sich jedem Fall einzeln an und sehen offenbar den Menschen dahinter, statt irgendeine Akte, wie es bei Ärzten leider immer häufiger vorkommt. Wie alle bekannten TV Sender ist RTL II selbstverständlich auf den sozialen Medien vertreten. Hier bekommen Zuschauer somit die Chance, Menschen wie Sebastian, der nun schon recht lange spielsüchtig ist, zu unterstützen – mit Lob, Anregungen oder auch einem Erfahrungsaustausch.
Es ist bereits jetzt davon auszugehen, dass mit dem Start der Doku mehr und mehr Spielsüchtige aus ihrem Schneckenhaus heraus kriechen und sich unterstützt fühlen werden von dem Fakt, dass sie endlich jemand ernst nimmt – und dass jemand sieht, wie sehr Spielsüchtige wirklich unter ihrem Problem leiden. Das Konzept wird offenbar gezielt auf die Betroffenen abgestimmt und macht insoweit einen sehr guten Eindruck. Hinzu kommt, dass TV Formate wie dieses der Prävention dienen. Zuschauer können sich jetzt endlich ein genaues Bild von der Situation machen und erfahren unter anderem, wie der Betroffene überhaupt in seine Lage geraten ist. Wir drücken Sebastian fest die Daumen für eine erfolgreiche Therapie und hoffen gleichzeitig, dass die Sendung künftig echte Hilfe für weitere Betroffene leistet – ganz egal, in welcher Lebenskrise sich die Darsteller derzeit befinden.